Das Leben verstehen.
Durch klare Übersicht von der Gipfelhöhe aus zu Ruhe und Sicherheit kommen.
Wozu soll es eigentlich gut sein, die geistige Welt zu erkennen? Jeder von uns hat doch vermutlich mit dem „normalen“ Alltag schon genug zu tun, richtig?
Wir haben jeden Tag viele Termine, Verpflichtungen, Dinge zu organisieren und zu planen und vieles mehr. Warum sollte man sich da noch mehr aufladen, wenn man versuchen wolle, alles das „dahinter“ – das Geistige in der Materie – auch noch zu verstehen? Zumal das ja auch gar nicht so ohne weiteres ginge, denn die Fähigkeit des seelischen Erkennens muss ja zuerst erarbeitet werden (ausführlicher hier).
Wenn also jemand sagt, das Leben sei ja auch ohne die Beschäftigung mit Seele und Geist schon kompliziert genug, dann ist das allzu verständlich.
Aber auch viel zu kurz gedacht!
Denn erst das Erkennen der geistigen Tatsachen hinter der Materie lässt mich das vollständige Bild sehen und ich lerne „ein jegliches Ding seiner wahren Bedeutung nach schätzen“.
„Ein wirklich Erkennender wird von seiner Gipfelhöhe aus durch klare Übersicht und rechte Empfindung für alles ein jegliches Ding an seinen Platz zu stellen wissen.“
[vgl. Steiner, Rudolf (2019): Theosopie. Basel (16. Auflage), S. 164]
Es ist so wie das Aufsteigen auf einen Berg. Unten im Ort sehe ich immer nur aus einer Perspektive auf alle Dinge. Wenn ich den Berg hinaufsteige, erkenne ich mit jedem Schritt nach oben mehr, die Perspektive auf alles erweitert sich Schritt für Schritt.
Und oben auf der Gipfelhöhe bin ich ein „wirklich Erkennender“ und habe die klare Übersicht. Aus diesem Erkennen stellen sich Seelensicherheit und Seelenruhe ein; ich verstehe mein Mensch-Sein, das Leben, die Idee des „Abenteuer Menschheit.“ Weil ich von der Gipfelhöhe aus beide Perspektiven habe: auf die materielle und die geistige Welt, ich sehe beide zusammen.
Diese Skizze möchte das bisher Gesagte veranschaulichen:
Und was kann die Seele nun alles erkennen, was umfasst das?
Die Antwort finden wir bei dem alten griechischen Philosophen Heraklit:
„Der Seele Grenzen magst du nimmer finden, und wenn du alle Straßen durchliefest; so weit sind ihre Horizonte!“
Und welch unglaubliche Zukunftszuversicht für Dich, mich und jeden anderen Menschen darin liegt, formuliert Rudolf Steiner ganz wunderbar so:
„Gott sei Dank, dass dieses Seelenleben so weit ist, dass man es mit keiner Erkenntnis umspannen kann; denn dadurch ist es geeignet, dass wir alles, was wir heute in unserer Seele mit der Erkenntnis umspannen, morgen überschreiten können und so zu höheren Stufen hinaufeilen können! Seien wir froh, dass das Seelenleben in jedem Augenblicke unserer Erkenntnis spottet. Wir brauchen ein unbegrenztes Seelenleben; denn die Perspektive ins Unbegrenzte hinein gibt uns die Hoffnung, dass wir das Positive jeden Augenblick überschreiten können, dass das Seelenleben von Stufe zu Stufe eilen kann. Gerade die Grenzenlosigkeit und Unerkennbarkeit des Seelenlebens gibt uns deshalb die bedeutsamste Perspektive für unsere Zukunftshoffnung und Zukunftszuversicht. Weil wir niemals die Grenzen der Seele selbst finden können, ist die Seele fähig, die Grenzen zu überschreiten und immer höhere und höhere Stufen zu ersteigen.“
[aus einem Vortrag von Rudolf Steiner, gehalten am 10. März 1910 in Berlin, veröffentlicht in „Metamorphosen des Seelenlebens – Pfade der Seelenerlebnisse. Zweiter Teil“, Gesamtausgabe Bibl.-Nr. 59, Dornach 1984]
Für Fragen, Anregungen und Austausch komme gerne auf mich zu und wir klettern ein Stück gemeinsam hinauf.