Schritt für Schritt werden, der "Ich-bin"

wahrhafter Mensch werden - bewusst und frei wachsen - Neues im Leben erschaffen

Der Mensch ist in dreifacher Art mit der Welt verbunden.

Durch Leib, Seele und Geist.


Der Mensch verbindet sich immerwährend in dreifacher Art mit den Dingen der Welt.

Durch seinen
Leib und die Tore seiner Sinne offenbaren sich dem Menschen die Dinge seiner Umwelt, die er tastet, riecht, schmeckt, hört und sieht.

Mit der
Seele verbindet der Mensch die Dinge mit seinem eigenen Dasein, wodurch er Gefallen und Missfallen, Lust und Unlust, Freude und Schmerz, Begehren und Verabscheuen an ihnen empfindet.

Als
Geist ist das gemeint, was in ihm offenbar wird, wenn sich ihm die Geheimnisse des Wirkens und Daseins dieser Gegenstände enthüllen. Im Geist sprechen die Dinge über sich selbst, über das, was die Dinge sich selbst bewahren, über ihr Wesen.

Eine einfache Betrachtung soll dies veranschaulichen:

„Ich gehe über eine mit Blumen bewachsene Wiese. Die Blumen künden mir ihre Farben durch mein Auge. Das ist die Tatsache, die ich als gegeben hinnehme. – Ich freue mich über die Farbenpracht. Dadurch mache ich die Tatsache zu meiner eigenen Angelegenheit. Ich verbinde durch meine Gefühle die Blumen mit meinem eigenen Dasein. Nach einem Jahr gehe ich wieder über dieselbe Wiese. Andere Blumen sind da. Neue Freude erwächst mir aus ihnen. Meine Freude vom Vorjahr wird als Erinnerung auftauchen. Sie ist in mir; der Gegenstand, der sie angefacht hat, ist vergangen. Aber die Blumen, die ich jetzt sehe, sind von derselben Art wie die vorjährigen; sie sind nach denselben Gesetzen gewachsen wie jene. Habe ich mich über diese Art, über diese Gesetze aufgeklärt, so finde ich sie in den diesjährigen Blumen so wieder, wie ich sie in den vorjährigen erkannt habe. Und ich werde vielleicht also nachsinnen: Die Blumen des Vorjahres sind vergangen; meine Freude an ihnen ist nur in meiner Erinnerung geblieben. Sie ist nur mit meinem Dasein verknüpft. Das aber, was ich im vorigen Jahr an den Blumen erkannt habe und dies Jahr wieder erkenne, das wird bleiben, solange solche Blumen wachsen. Das ist etwas, was sich mir geoffenbart hat, was aber von meinem Dasein nicht in gleicher Art abhängig ist wie meine Freude. Meine Gefühle der Freude bleiben in mir, die Gesetze, das Wesen der Blumen bleiben außerhalb meiner in der Welt.“

[vgl. Steiner, Rudolf (2019): Theosopie. Basel (16. Auflage), S. 23 ff.]


Im Geist offenbart sich also das Wesen der Dinge, die wir in der sinnlichen Welt wahrnehmen. Es geht dann nicht mehr darum, was wir uns über etwas ausdenken, sondern im Geist offenbart sich das, was wirklich wahr ist, das selbständige oder „objektive“ Wahre und Gute.

So ist auch der Wesenskern des Menschen, Dein Wesenskern, nur im Geistigen zu erfassen (mehr über den Wesenskern im „Abenteuer Menschheit“).

"Der Stamm aber, der nach der einen Seite wurzelt, nach der anderen blüht, das ist die Seele selbst".
[vgl. ebd.: 51]


Wenn Du neugierig geworden bist und Dich mit dem Originaltext beschäftigen möchtest, dann beachte bitte meinen Blog zum richtigen Umgang mit anthroposophischen Originaltexten. Diese sind nämlich nicht so zu lesen, wie man sonst Bücher liest. Wir brauchen bei der Arbeit mit anthroposophischer Original-Literatur immer auch die „lesenden Seele“, denn der abstrakte Verstand findet allein keinen Zugang zu diesen Texten.