Warum macht die Liebe glücklich?
Über eine Kraft, die uns mit der Welt verbindet.
Bringen wir zu Beginn den schwierigen Teil hinter uns und schauen uns an, was den Menschen unglücklich und krank macht. Aus diesem Bild wird dann ersichtlich werden, warum die Liebe uns glücklich und gesund macht.
Im Inneren des Menschen ist eine Kraft, die in immerwährender Entwickelung und Entfaltung ist; die lebend sich entwickelt. Äußerlich sehen wir das am Kulturprozess, darin besteht die Kultur. Es gäbe sonst keine Entwickelung, keine Geschichte der Menschen.
Wenn diese Kraft im Menschen festhaftet, dann wird der Mensch auf sich selbst zurückgeworfen: er lebt immer mehr im Inneren, immer mehr nur mit sich selbst. Er schließt sich ab gegenüber den äußeren Zusammenhängen, verkümmert innerlich und wird krank. Die innere Kraft bleibt passiv. Keine Aktivität regt sich, keine Produktivität, der Mensch verödet innerlich.
Was passiert jedoch, wenn diese innere Kraft produktiv wird und in Tätigkeit kommt?
Das Gefühl eines inneren Lebens beginnt sich dann zu regen. Und aus diesem Gefühl eines inneren Lebens entstehen Glück und Freude, die die Grundlage sind für ein gesundes Leben. Die innere Tätigkeit ist dabei jedoch nicht grob zu verstehen, wie man an der Liebe sehen kann:
Denn warum macht die Liebe den Menschen glücklich?
Weil sie eine Tätigkeit von innen nach außen ist, die das andere mitumfasst. Wir strömen dabei unser Inneres aus. Darum das Gesundende und das Glücklichmachende der Liebe.
In der Liebe schafft der Mensch von innen heraus, er entwickelt von innen heraus produktive Kraft und das ist innerlich erfüllend. Sein Inneres fließt nach außen und er wächst durch seine Gefühle mit dem anderen zusammen. Das Gewahrwerden einer inneren Tätigkeit, das ist das Gesundende der Liebe.
Die innere Kraft, die lebend sich entwickelt, produktiv nach außen fließen zu lassen, damit sie sich dort mit dem anderen verbindet, das macht den Menschen auch immer mehr zum Menschen. Er wird dann frei von sich selbst und geht auf in der Welt. Rudolf Steiner hat dies so formuliert:
„Der Mensch wird immer mehr Mensch, indem er Ausdruck der Welt wird; er findet sich, indem er sich nicht sucht, sondern in Liebe sich wollend der Welt verbindet.“
[Steiner, Rudolf (2020): Anthroposophische Leitsätze, S. 117]
„In Liebe sich wollend der Welt verbinden“ ist dabei keinesfalls so zu verstehen, dass man unbewusst irgendwie mit der Welt zusammenfliesst und in ihr untergeht. Das ist damit nicht gemeint. Denn das wäre ein Rückschritt, der das Denken und das Ich-Bewusstsein des Menschen ignoriert und damit seinen Entwicklungsweg (ausführlicher dazu in diesem Blog).
Rudolf Steiner gibt ein Gleichnis für das zeitgemäße Verbinden mit der Welt:
„(…) sondern man muß das Bild vieler Kreise wählen, deren jeder eine ganz bestimme Farbnuance hat. Diese verschiedenfarbigen Kreise fallen übereinander, aber jede einzelne Nuance bleibt in dem Ganzen ihrer Wesenheit bestehen. Keine verliert die Fülle ihrer Eigenkräfte.“
[vgl. Steiner, Rudolf (2019): Theosopie. Basel (16. Auflage), S. 166 f.]
Wie kann es gelingen, bewusst die innere Kraft, die ja eine geistige Kraft ist, produktiv in Tätigkeit zu bringen und sich immer mehr mit der Welt zu verbinden, immer mehr Mensch zu werden?
Nun, es geht überhaupt nicht durch abstrakte Gedanken und Theorien. Das Prinzip dabei ist ja, das, was wir sehen und wahrnehmen, in Verstandesbegriffe umzuwandeln. Wir begreifen nur mit dem Verstand.
Das ist die Ursache für den Mangel an innerer Produktivität in der heutigen Zeit.
Wenn wir jedoch beginnen, das Geistige mit den Kräften der Seele zu erkennen, dann kann die Seele aus sich heraus etwas über die Welt produzieren. Diese Seelenkraft in Tätigkeit zu bringen erfordert Training, oder anders ausgedrückt “Seelenübung” (ausführlicher in diesem Blog).
Die Kraft, die Seele zu trainieren, steckt in jenen Texten, die unmittelbar der geistigen Welt entnommen sind. Solche Texte dürfen nicht als äußerliche Mitteilung gelesen werden, sondern sie müssen innerlich gelesen und lebendig erlebt werden.
So erfordert das Lesen der anthroposophischen Originaltexte von Rudolf Steiner ein innerliches Fortdenken und Fortfühlen des Gelesenen. Die Gedanken in den Texten müssen selber aktiv durchdacht werden, die Vorstellungen selber aktiv vorgestellt werden. Wenn man die Texte in der Seele durchdenkt, dann kann man sie verstehen, dann werden sie produktiv.
Denn dann hat die Seele das geistige Material, woran sie arbeiten kann. Dann beginnt die innerliche, seelisch-geistige Produktivität.
Wenn Du Interesse hast, damit einen Anfang zu machen, dann findest Du hier die Quellen, die ich zugrunde gelegt habe:
• Steiner, Rudolf (1961): Der Krankheitswahn im Lichte der Geisteswissenschaft. In GA 56, kostenfrei hier online
• Steiner, Rudolf (1961): Das Gesundheitsfieber im Lichte der Geisteswissenschaft. In GA 56, kostenfrei hier online
Beide Texte gibt es auch als Hörbuch und können hier erworben werden (eine kostenlose Hörprobe ist verfügbar).
Wenn Du Fragen hast oder Lust auf Austausch hierzu, dann gehen wir gerne ein Stück gemeinsam und sprechen darüber.